Ordo Fratrum Minorum Capuccinorum IT

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updated 9:26 AM UTC, Mar 19, 2024

Die Geschichte der Kurie

Die Generalkurie der Kapuziner in Rom
Historische Spuren eines Durchgangs

Br. Carlo Calloni

Am Fest der heiligen Elisabeth von Ungarn im Jahr 1897 schickte der Generalminister, Pater Bernard Christen von Andermatt († 1909) allen Provinzialministern des Ordens einen Brief, in dem er bat, der Not der Klarissen Kapuzinerinnen in Rom zu Hilfe zu kommen, da sie aus ihrem Kloster Corporis Christi von Monte Cavallo am Quirinalspalast vertrieben worden waren; dort war ihre Niederlassung seit dem 20. April 1576, dem Tag, als dort vier Kapuzinerinnen “eingeschlossen” wurden, die von Neapel aus dem Kloster von Sancta Maria in Jerusalem – genannt auch Kloster der Dreiunddreißig (delle Trentatre) - gekommen waren.

Die Klarissen Kapuzinerinnen haben ihr Kloster von Monte Cavallo endgültig 1887 verlassen, nachdem die Regierung des neugeborenen Königreichs Italien Gesetze erlassen hatte, welche die religiösen Orden unterdrückten, und diese Gesetze auch in Rom angewandt wurden nach der Einnahme der Porta Pia am 20. September 1870.

Das Kloster war einst gewollt von der Bruderschaft des Heiligsten Gekreuzigten von San Macello am Corso und wurde effektiv gegründet 1574, und die Kirche geweiht von Kardinal Francesco Barberini am 30. November 1669. Bis zu ihrer Vertreibung hatten die Schwestern mehreren Angriffen widerstanden und Belästigungen erfolgreich überwunden: 1798 die Besetzung Roms von Seiten des Heeres der Französischen Republik, 1810 den Unterdrückungsbeschluss Napoleons Bonaparte nach der Eroberung Roms und 1848 die kurze Römische Republik.

Die Regierung des Königreichs Italien gewährte den Klarissen Kapuzinerinnen auf Zeit eine enge Zuflucht in einem Gebäude in Via Galilei. Ihre Hoffnung war, dass der Sturm bald vorübergehe und sie zum Kloster zurückkehren könnten. Doch darin wurden sie enttäuscht. Im Jahr nach der Ausweisung, 1888, wurde das Kloster von Monte Cavallo am Quirinale, Werk von Giacomo Della Porta und reich an Gemälden und Fresken bedeutender Meister wie Cristoforo Roncalli, Jacobino Del Conte, Marcello Venusti von Mantova dem Erdboden gleich gemacht. Daran änderte auch nichts die Tatsache, dass das Gebäude bei den Päpsten geschätzt und von ihnen häufig besucht worden war.

Die Klarissen Kapuzinerinnen fanden sich ohne Haus und waren in einer mehr als prekären Situation, denn der ihnen zugewiesene Ort war ja nur auf Zeit. Den Schwestern ein neues Kloster zu bauen war somit eine weitere der vielen Sorgen, die das lange Generalat des Pater Bernard von Andermatt begleiteten, der von 1884 bis 1908 Generalminister war.

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Die Suche nach einem Ort für das zu bauende Kloster ging, nachdem der Versuch, das Terrain beim Quirinalspalast zurück zu erwerben, fehlgeschlagen war, in Richtung der umkämpften Grundstücke in der Nähe der Porta Pia, wo ein neues Viertel von Rom im Entstehen begriffen war mit großen strengen Palästen, welche die neue Führungsschicht der neugeborenen Hauptstadt Italiens aufnehmen sollten.

Die Arbeiten des neuen Klosters, Kirche und Konvent, wurden ausgeführt von Bruder Luigi von Senigallia, Kapuziner-Tertiar der Picena-Provinz, Autor unter anderem der Stuckarbeiten am Altar und des Basreliefs des Gekreuzigten Christus zwischen den Heiligen. Wie die Chroniken der Zeit berichten, erschien das Äußere des Klosters solide und elegant, während sein Inneres von jener strengen Armut glänzte, die für die Klarissen Kapuzinerinnen typisch ist. Da war nichts, sagen die Chroniken weiter, das ihrer Regel widersprochen hätte oder auch nur geringfügig nach einer “bequemen Anpassung” aussah. Mit der Errichtung einiger Mauern wurde auch die Klausur garantiert, so dass weder indiskrete Augen von außen nach innen schauen konnten noch die Gefahr bestand, dass jene drinnen ungebührlich “nach draußen schauen”.

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Endlich, am 26. Juni 1907, genau zehn Jahre nach dem Bettelbrief des Generalministers  von Andermatt konnten die Klarissen Kapuzinerinnen ihr Kloster in Via Sardegna-Piemonte in Besitz nehmen; es behielt den alten Titel: Corporis Christi - Fronleichnam.

Mit einer feierlichen Zeremonie hieß der Generalminister Pater Bernard die Nonnen an der Kirchtüre willkommen, und nachdem er eine Weile in Anbetung vor dem Allerheiligsten Sakrament gekniet hatte, führte er sie in die Klausur ein.

Die Klarissen Kapuzinerinnen blieben in dem neuen Kloster bis zum 1. Dezember 1950, als der damalige Generalminister, Pater Clemens von Milwaukee [William Neubauer] († 1969), in Voraussicht der Verlegung des Internationalen Kollegs San Lorenzo da Brindisi nach außerhalb der Stadt und der daraus folgenden Notwendigkeit, in Rom-Stadt einen Ort für die Generalkurie zu finden , entschied, die Schwestern zu einem neuen Kloster zu überführen, das im Bezirk “Garbatella” entstehen sollte, genauer im Eigentum der “Villa Pozzi”, auf einem kleinen Hügel in der Höhe des Platzes der Sieben Kirchen gelegen.

Vom 2. Dezember 1950 an wurde das Ex-Kloster in Via Sardegna-Piemonte Umbauarbeiten unterzogen; es sollte die Generalkurie des Ordens aufnehmen. Die Arbeiten wurden den Architekten Paolo und, später, Mario Leonardi sowie der Baugesellschaft der Gebrüder Luigi und Pietro Galli anvertraut.

Die Umbauarbeiten gingen ziemlich zügig voran. Bei der Neuverteilung der Innenräume, wie sie einer Generalkurie angemessen waren, wurden die Vorschriften der Konstitutionen beachtet und, wie die Chroniken der Zeit sagen, auch die Art des Kapuzinerlebens respektiert “quae omnen ornatum devitat” (das alle Verschönerungen vermeidet) . Darüber hinaus wurde der Flügel in Via Piemonte ganz neu gestaltet und ein zweiter Stock darauf gesetzt, so dass das ganze Gebäude einheitlicher wurde. Auf derselben Seite der Via Piemonte kam auch der Eingang zur neuen Generalkurie zu  liegen.

Nach all den Arbeiten fand am 9. April 1953 die Einweihung statt. Am frühen Morgen empfingen der Generalminister, Pater Benigno von Sant’Ilario Milanese [Giovanni Battista Re Cecconi] († 1974), die Mitglieder der Generalkurie und viele in Rom anwesende Brüder den Kardinalprotektor des Ordens, Clemens Micara, am Portal der Kirche. Nachdem dieser den Altar der Kirche geweiht hatte, begab er sich ins Refektorium, um das Kruzifix zu segnen, das in jenem Raum aufgehängt werden sollte. Das war die allgemein übliche Geste in der Kapuzinertradition, wenn man einen neuen Ort in Besitz nahm: man pflanzte ein Kreuz auf als Zeichen der Zugehörigkeit zu Christus. Dann folgte das Hochamt begleitet vom Choralgesang der Studenten des Kollegs San Lorenzo.

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So nahm das Leben der Brudergemeinschaft seinen Anfang. Das Gebäude erfuhr nach und nach einige Veränderungen, um mehr Platz zu haben oder einfach um es besser zu erhalten. Das II. Vatikanische Konzil mit seinen neuen liturgischen Normen führte zur Neustrukturierung der Kirche, vor allem was die Stellung des Altares anbelangt.

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Das Generalkapitel von 2006 erwog die Notwendigkeit, einige Strukturen des Gebäudes der Generalkurie zu verändern. Es schlug dem neuen Generalminister Mauro Jöhri vor, die Kurie total zu erneuern.

Das Generaldefinitorium unternahm Anfang 2009 die ersten Schritte, um das Projekt des Umbaus einzuleiten. Zu der Zeit hatten auch schon die Pläne für den Ausbau und die Innengestaltung der Kirche des Internationalen Kollegs San Lorenzo da Brindisi und des Eigentums des Ordens in Jerusalem konkrete Formen angenommen.

Eine Zeitlang dachte man daran, die Generalkurie in das derzeitige Kloster der Klarissen Kapuzinerinnen im Stadtteil “Garbatella” zu verlegen, mit der Folge, dass die Schwestern dann eine andere Bleibe suchen müssten. Diese Hypothese wiederholte im Grunde was schon 1950 geschehen war, als die Klarissen Kapuzinerinnen das Kloster in Via Sardegna-Piemonte verließen, um der Generalkurie Platz zu machen.

Doch das Gedankenspiel ging nicht auf. Als am 24. Juni 2009 eine erste Ortsbesichtigung stattfand, stellte sich das Projekt insofern als undurchführbar heraus, als der bebaute Umfang des Klosters zu gering war, um die ganze Struktur der Generalkurie darin unterzubringen. Außerdem lag die Architektur zum Teil so fest, dass das Gebäude des Klosters nicht erweitert werden konnte.

Nachdem diese Hypothese verworfen war, beschloss das Generaldefinitorium im März 2010, die Immobilie in Via Piemonte 70 umzubauen, und schrieb einen Wettbewerb für das ganze Projekt aus. Drei Entwürfe wurden eingereicht. Am 25. Juni 2010 entschied sich das Generaldefinitorium für das Projekt des Architekturbüros Cesare Nota Rodari. Dieses nahm in den folgenden Monaten Hinweise und Vorschläge der Generalleitung auf und setzte sie in ihre Pläne um. Diese sahen vier Stockwerke vor und eine Terrasse. Auf die Stockwerke sollten die Einzelzimmer, Gemeinschaftsräume und Büros verteilt werden.

In der Zwischenzeit suchte man eine Lösung für den Aufenthalt der Generalkurie während der Bauarbeiten in Via Piemonte 70. Alle Klöster in der Stadt erwiesen sich als zu eng und klein, um alle Büros und Funktionen der Generalkurie aufzunehmen. Als einziger derartiger Ort für die Generalkurie stellte sich das Collegio San Lorenzo heraus.

Nach der Unterbreitung des Projekts folgten natürlich weitere Treffen des Architekten Cesare Rota Nodari und seiner Leute mit dem Generaldefinitorium. An dessen Seite trat auch eine ad hoc ernannte Kommission, welche die korrekte Durchführung der Bauarbeiten begleitete und überwachte.

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Am 24. Juni 2011, genau ein Jahr nach der Präsentation der ersten Pläne, billigte das Generaldefinitorium das gesamte Projekt und legte fest, dass im September 2011 der Orden über den Beginn der Arbeiten, die vorgesehenen Zeiten und die nötigen Mittel informiert würde. Gleichzeitig begann der Umzug der Generalkurie von der Via Piemonte 70 ins Internationale Kolleg San Lorenzo da Brindisi

Am 1. Dezember 2011 beschloss das Generaldefinitorium, den Umbau in Via Piemonte 70 der Ingenieur-Firma Mannelli anzuvertrauen entsprechend dem vorher von Arch. Cesare Rota Nodari verfügten und von der beauftragten Kommission begutachteten Projekt. In den folgenden Monaten durchlief das Projekt die bürokratischen Hürden, um von den kompetenten kommunalen und staatlichen Autoritäten genehmigt zu werden.

Es folgten Wochen intensiver Aktivitäten, die 32 Monate lang Mannschaften von Handwerkern an der Arbeit sahen. Jede hat nach ihrer Kompetenz so zügig und fachmännisch gearbeitet, dass der Generalkurie des Ordens der Minderen Brüder Kapuziner das vollendete Werk zum festgesetzten Datum überreicht werden konnte: am 30. Juni 2014.

Letzte Änderung am Dienstag, 03 Dezember 2019 08:55