Ordo Fratrum Minorum Capuccinorum IT

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updated 11:54 AM UTC, Mar 20, 2024

Ehrwürdiger Marcellino von Capradosso OFMCap

Am 7. November 2017 hat die Ordentliche Versammlung der Kardinäle und Bischöfe der Kongregation für Heiligsprechungen sich positiv ausgesprochen und die Tugenden des Diener Gottes, Marcellino von Capradosso  (1873-1909), Prozessbruder der Provinz Piceno, anerkannt. Der Prozess begann vor gut 70 Jahren. Am 29. Juli 1948 wurde der übliche Prozess bezüglich des Rufs der Heiligkeit des ehrwürdigen Bruders von der Diözesankurie in Fermi eröffnet; er kam dort am 30. November 1954 zum Abschluss. Am 30. Januar 1956 wurden die Prozessakten der Ritenkongregation übergeben. Entsprechend der damaligen Vorgehensweise wurde am 29. November 1957 der Relator ernannt und am 24. November 1959 die Abstimmung über die Schriften des Ehrwürdigen durchgeführt. Am 19. Februar 1971 hat die Kanzlei der Kongregation die Copia Pubblica ausgeliefert. Nach den neuen Normen, die Papst Paul VI. im Jahr 1965 erlassen hatte, und nach den ebenfalls neuen Normen von Papst Johannes-Paul II. 1983 musste das Material neu aufgearbeitet werden. Nach der Redaktion der Ergebnisse der historischen Forschung erlies die Kongregation für die Heiligsprechungssprozesse das Dekret über die juristische Gültigkeit der Prozesse.

Am 7. Juli 1998 wurde der Kongregation - wie es vom kanonischen Recht vorgeschrieben ist - die Positio bezüglich des Lebens, der Tugenden und des Rufs der Heiligkeit überreicht. Die Konsultoren für den geschichtlichen Bereich  besprachen am 16. April 2012 die Positio und nachdem sie die Dokumentation eingearbeitet hatten, wie es die Kongregation verlangte, eben am 28. Februar 2017 gaben die Konsultoren für den theologischen Bereich ihre Zustimmung. Am 8. November 2017 hat Papst Franziskus seine Zustimmung zur Verkündigung des Dekrets erteilt.
    
Johannes Maoloni, unser Marcellino von Capradosso, wurde am 22. September 1873 in Villa Sambuco di Castel di Lama (Provinz Ascoli Piceno) geboren. Seine Eltern waren Pasquale Maoloni und Sarafina Caioni; er war das vierte von sechs Geschwistern. Auf der Suche nach Arbeit zügelte die Familie nach der Geburt von Johannes nach Capradosso. Johannes konnte wegen der  bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie nicht am Schulunterricht teilnehmen. Seine Arme wurden für die Arbeit draussen gebraucht. Er lernte aber im Selbstunterricht lesen und schreiben. Sein Pfarrer, Don Giovanni Michelessi, führte in ins geistliche Leben ein. Er erkannte in ihm einen jungen Menschen mit reinem und grosszügigen Herzen.

Johannes dachte wie alle jungen Leute in seinem Alter daran, eine Familie zu gründen, aber der Ruf zum Ordensleben war stärker. Der Vater, der unterdessen alt und kraftlos geworden war, gab ihm den klugen Ratschlag, zu warten bis sein jüngerer Bruder Emidio eine gewisse wirtschaftliche Sicherheit erlangt habe. Bis dahin solle er ihm bei der Arbeit auf dem Hof helfen und zum Lebensunterhalt der Familie beitragen. Johannes stimmte zu und wartete gut drei Jahre.

Am 6. April 1902 konnte Johannes im Alter von 28 Jahren seiner Berufung folgen. Zu nächtlicher Zeit meldete er sich im Kloster der Kapuziner von Ascoli Piceno. Hierher kam dann der ältere Bruder Vinzenz, um ihn von seinen Vorhaben abzubringen. Er tat das nicht nur mit Worten, sondern auch mit Gewalt. Johannes steckte die Prügel ein, ohne auf das Ansinnen zu antworten. Zehn Tage später fing in Fossombrone das Noviziat an; hier erhielt er den Namen: Br. Marcellino von Capradosso.

Nach einer harten und intensiven Schulung legte er am 27. April 2003 die einfache Profess ab. Im Noviziat kämpfte er mit dem Dämon und war Empfänger marianischer Visionen; diese aber trieben seine Oberen zu besonderer Strenge an. Am Ende des Noviziats war Marcellino ein reifer Mann von 30 Jahren. erprobt in der Tugend und im Gebet, einer mit grossen menschlichen Gaben, ein grosser Arbeiter, Immer bereit zum Gehorsam, verlangend nach Busse, dabei das Geisseln inbegriffen, und immer rechtzeitig im Chor. Man schickte ihn nach Fermo, wo eine Ausbildungsgemeinschaft niedergelassen war.

Seine Tätigkeit war nicht mit einem bestimmten Auftrag im Namen des Gehorsams verbunden. Er tat, was die Laienbrüder, wenn sie ihre einfache Profess abgelegt haben, normalerweise tun: Erledigen einer Reihe von kleinen Aufgaben: Gehilfe in der Küche, wo er ohne Erfahrung den Anforderungen nicht immer gerecht wurde, Gärtner, da konnte er auf seine Erfahrungen mit der bäuerlichen Arbeit zurückgreifen und sie gelang ihm auch; Krankenbruder, besorgt und liebevoll gegenüber den Kranken.

Als man ihn für reif in seiner Berufung und gefestigt in den Tugenden hielt, beauftragte man ihn mit der Almosensammlung. Das brachte auch lange Abwesenheiten vom Kloster mit sich. Er schlief und ass als Gast bei Familien und in Pfarrhäusern. Oft fastete er bis zum Nachmittag, weil er die Eucharistie empfangen wollte. Er traf auf viele Leute und bemühte sich ihnen ein gutes Wort zu sagen.

Sein Markenzeichen war der Sack, den er umgehängt hatte; es war dieser Sack, der ihm die Türen und Herzen der Menschen öffnete. Nach und nach verbreitete sich der gute Ruf seines Ordenslebens. Dazu kamen die kleinen, ausserordentlichen Zeichen, die ganz typisch zur franziskanischen Tradition der Fioretti passen: Aus leeren Gefässen liess er Wein hervorquellen, einen schweren Gegenstand trug er allein davon. Ohne einen Unterschied zu machen ging er zu Reich und Arm und erbat sich um der Liebe Gottes willen eine Gabe für seine Brüder; im Austausch  gab er spirituelle Gaben, denn was man nicht verdienen kann, das braucht man am meisten. Seine Betteltouren waren wie eine Evangelisation der ländlichen Bevölkerung. Und diese kannte er ja bestens.

Zu den intensivsten und bedeutungsvollsten Augenblicken seines einfachen, geradlinigen Weges zählte der Beistand, den er einem jungen Mitbruder, Pater Serafino von Polenta, gewährte. Dieser war schwer an Tuberkulose erkrankt. Während etwa sechs Monaten half er ihm in seinen materiellen und geistlichen Bedürfnissen, stärkte ihn mit Worten des Glaubens und der Liebe und konnte so seinem natürlichen Verlangen nachkommen, sich um das Leiden der anderen zu kümmern. Er übernahm gleichsam das Leiden anderer und wurde nicht müde sie zu lindern. Als sein Dienst am kranken Mitbruder zu Ende ging, bat er, nach Brasilien in die Mission gehen zu dürfen. Aber kurz darauf wurde der Diener Gottes krank; er hatte sich wahrscheinlich mit Tuberkulose angesteckt. Am 24. August 1908 wurde er ins Spital Umberto I in Fermo eingeliefert und - ohne Chloroform - einer chirurgischen Operation unterzogen; die Wunde blieb offen, damit der Eiter ausfliessen konnte. Er hatte starke Schmerzen, aber der Diener Gottes nahm sie an, ohne sich zu beklagen, mit frohem Herzen und lächelnd. Heiter in Jesus geborgen sagte er von sich, er sei der glücklichste Menschen auf Erden. In den letzten zwei Monaten seines Lebens konnte er nicht mehr stehen. Er verbrachte seine Zeit mit beständigen Gebet und andauernder Selbstaufopferung. Für jeden kleinen Dienst, den man ihm tat, dankte er von Herzen.

Er wurde aus dem Spital entlassen und starb im Kloster am 26. Februar 1909. Zuvor hatte er die Krankensalbung und die Kommunion erhalten. Der ehrwürdige Diener Gottes hat seine Krankheit aus Liebe zu Christus auf sich genommen; vor seinen Augen stand die Herrlichkeit des Paradieses.

Letzte Änderung am Freitag, 01 Dezember 2017 13:35